Das Verhalten auf freien Märkten ist nicht immer rational. Spätestens nach dem Platzen der Dot Com Blase an den Börsen dieser Welt wissen selbst Laien, dass irrationale Bewertungen von Unternehmen Bestandteil des Spiels an der Börse sind. Der große Börsenguru Andre Kostolany schreibt in seinem Buch, dass nur derjenige langfristig Gewinne an der Börse erzielen kann der richtig einschätzen kann ob die Mehrheit der Aktien von „Zittrigen“ oder „Hartgesottenen“ gehalten wird. Unter den Zittrigen versteht er Leute die vom Handel an der Börse wenig Ahnung haben und einem Trend folgen; genau diese sind es dann, die bei fallenden Kursen ihre Aktien reihenweise zu Billigstpreisen verscherbeln. An wen? Genau, an die Hartgesottenen. Diese sind es dann die billig eingekauft haben und später wieder teuer an die Zittrigen verkaufen werden.
Was hat dies alles mit Sportwetten zu tun?
Nun, Massenpsychologie ist ein oftmals unterschätzter Aspekt beim Wetten. Erfahrene Buchmacher und Wetter wissen wie wichtig es ist das Verhalten der anderen Marktteilnehmer zu kennen und auszunutzen. Entgegen der landläufigen Meinung ist nicht der Buchmacher der große Gegner der Spieler, sondern viel mehr gilt es die anderen Sportwetter zu schlagen um langfristig erfolgreich zu sein.
Um dies zu verstehen muss man sich einfach nur überlegen woher der Buchmacher das Geld nimmt um Wettgewinne auszuzahlen? Ganz richtig, mit den Verlusten der Verlierer werden die Gewinne der Gewinner bezahlt. Rationales Verhalten der Markteilnehmer (sprich Spieler) ist bei Sportwetten nicht immer gegeben. Eine Vielzahl von Spielern wettet aus dem Bauch heraus und beschäftigt sich nur wenig oder gar nicht mit Statistiken oder Quotenberechnungen. Zudem sagt der Bauch diesen Spielern auch meistens, dass große Namen immer gewinnen.
Bayern München reist nach einem harten Trainingslager zu einem Vorbereitungsspiel nach Österreich um gegen Rapid Wien anzutreten. Bei den Bayern reisen fünf Stammspieler nicht mit während Rapid in Bestbesetzung antritt und bereits einige Spiele in der heimischen Meisterschaft absolviert hat. Für die Wiener ist es das Spiel des Jahres; schließlich geht es gegen den kontroversesten Klub aus dem (un)geliebten Nachbarland. Unter den gegebenen Voraussetzungen könnten faire Quoten für dieses Spiel wie folgt aussehen:
| Heimsieg Rapid: | 2,50 |
| Unentschieden: | 3,30 |
| Auswärtssieg Bayern: | 2,40 |
Bayern wäre also nur leichter Favorit aufgrund der Ausfälle und der strapaziösen Vorbereitung.Buchmacher wissen allerdings, dass der Großteil der Wetter sich nicht über Spielerausfälle und sonstige Umstände (z.B. lange und ermüdende Anreise zum Spielort) informiert. Selbst wenn der Buchmacher die Quote auf den Bayern Sieg nun auf 2,00 senkt werden sich noch mehr als genügend Spieler finden die bereitwillig ihr Geld auf die Bayern setzen.
Zum einen ist die Fanbasis der Bayern um einiges größer als jene von Rapid ... und außerdem, wer wettet schon gerne gegen den eigenen Verein? Außerdem zieht der große Name Bayern München auch bei all jenen die weder Bayern noch Rapid Fans sind.
Mehr Wetteinsätze auf die Bayern bedeuten gleichzeitig steigende Quoten für das Remis bzw. den Heimsieg von Rapid. Ein erfahrener Sportwetter wäre nicht überrascht wenn das Spiel nun mit einem 2:1 Heimsieg Rapids enden würde; denn er kennt die Umstände. Die Masse der „Bauchgefühl-Tipper“ wird sich hingegen kopfschüttelnd fragen wie die großen Bayern denn nur gegen einen österreichischen Verein verlieren konnten.
Erfahrene Buchmacher wissen genau wie sich die Marktteilnehmer (Sportwetter) bei bestimmten Ereignissen verhalten und können auch Trendwirkungen gut abschätzen. Dass sich die besten Buchmacher mit der Materie Massenpsychologie beschäftigen kann deswegen wohl ruhigen Gewissens behauptet werden. Ebenso können Profiwetter Markbewegungen gut voraussagen und holen sich so das Geld der „Zittrigen“ die nur großen Namen und Trends folgen ohne sich Hintergrundinformationen zu holen.
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